Neues EuGH Urteil vom 09.09.2021 dürfte Millionen von Verbrauchern helfen
Das Urteil des europäischen Gerichtshofes (EuGH) ist bahnbrechend: Auch Jahre nach Vertragsschluß können Kreditkunden ihren Verbraucherdarlehensvertrag noch widerrufen, wenn der Darlehensvertrag fehlerhafte oder unvollständige Angaben enthält, die nach der Europäischen Verbraucherkreditrichtlinie in den Darlehensvertrag aufzunehmen sind. Die bankenfreundliche Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) ist damit beendet, die Bankenwelt bebt.
Der EuGH hat dies für Autokredite entschieden, betroffen sind jedoch auch allgemeine Verbraucherkredite wie Allzweckdarlehen für Anschaffungen wie z.B. der Kauf der Küche. Ob Immobilienkredite betroffen sind, bleibt abzuwarten.
Was muß im Vertrag stehen ?
Folgende Pflichtangaben müssen im Darlehensvertrag stehen, wenn diese nicht angegeben sind, kann widerrufen werden:
1.) Konkreter Satz der Verzugszinsen
Im dem Kreditvertrag muß zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses der konkrete Satz der Verzugszinsen genannt werden sowie der Mechanismus der Anpassung des Verzugszinses. Die oft verwendete Klausel „Der jährliche Verzugszins beträgt 5 Prozentpunkte über dem jeweiligen Basiszinssatz“ reicht allein nicht.
2.) Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung
Die Methode für die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung muß so konkret angegeben werden, daß der Kreditkunde deren Höhe berechnen kann.
„Noch nie haben wir bei einem Kreditvertrag einen konkreten Rechenweg gesehen, damit ein Kunde dies selbst berechnen kann“, so Rechtsanwalt Bergeest.
3.) Außergerichtliche Beschwerde- oder Rechtsbehelfsverfahren
Im Kreditvertrag müssen die wesentlichen Informationen über das außergerichtliche Beschwerde und Rechtsbehelfsverfahren und die hiermit ggf. verbundenen Kosten genannt werden. Ein Verweis auf eine im Internet abrufbare Verfahrensordnung oder ein anderes Schriftstück reicht nicht.
4.) Autokredite
Vermittelt, wie im Falle des EuGH, der Autohändler den Autokredit, dann hat die Bank im Rahmen des Vertrages / der Widerrufsbelehrung anzugeben, daß es sich um „verbundene Kreditverträge“ handelt, die befristet sind.
Widerruf auch noch nach Vertragsbeendigung möglich
Der EuGH hat dem Lieblingseinwand der Banken, ein Widerruf sei bei Beendigung des Kredites verwirkt, also ausgeschlossen, eine Absage erteilt. Der Verbraucher muß klar und verständlich über seine Rechte belehrt werden.
Ein Widerruf sei auch nicht rechtsmissbräuchlich, auch lange nach Vertragsschluß kann widerrufen werden.
Was bedeutet dies für den Kreditnehmer ?
Wird ein Darlehen widerrufen, so muß der Vertrag rückabgewickelt werden. Der Kreditnehmer erhält alle an die Bank geleisteten Zahlungen, also Zins- und Tilgungsleistungen zurück. Diese sind zugunsten des Kunden sogar zu verzinsen. Weitere Raten muß der Kunde nicht mehr zahlen. Beim Autokredit wird das Auto an die Bank gegen Wertersatz zurückgegeben, wobei Umsatzsteuer und Händlergewinn abzuziehen sind.
Lohnenswert kann ein Widerruf sein bei einem höheren Darlehens-Zinssatz, wenn ein günstigerer Kredit möglich ist („Umfinanzierung“) und wenn man das finanzierte Auto zurückgeben will, weil es z.B. vom Diesel-Skandal betroffen oder sonst mangelhaft (z.B. „Montagsauto“) ist.
Bevor voreilig widerrufen wird, sollte jedoch fachanwaltliche Hilfe zeitig aufgesucht werden, damit man auch weiß, ob sich ein Widerruf lohnt.