Auch bei jetzt steigenden Zinsen richtig vorgehen !

Wer bei einer Baufinanzierung die Immobilie verkaufen will, sollte wissen, dass die von der Bank für diesen Fall berechnete Vorfälligkeitsentschädigung nicht verlangt werden kann, wenn im Darlehensvertrag die Angaben über die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung unzureichend ist.

Deren Höhe kann beachtlich, oftmals fünfstellig sein. Entscheidend ist, dass der Darlehensnehmer die Berechnung der Entschädigung nachvollziehen und seine Belastung, falls er sich zur vorzeitigen Rückzahlung entschließt, zuverlässig abschätzen kann.Dies war im Falle des -noch nicht rechtskräftigen- Urteils des Landgerichtes Rostock vom 10.02.2021 bei der Ostsee-Sparkasse nicht der Fall, denn die Parameter der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung (Aktiv-Passiv-Methode) wurden zwar genannt, nicht aber wie diese untereinander in Beziehung zu setzen sind. Viele Sparkassen verwenden entsprechende Formulare wie die Ostsee-Sparkasse.

Auch andere Gerichte haben zuvor dem kündigenden Kreditkunden Recht gegeben, die keine Vorfälligkeitsentschädigung zahlen mussten. Das OLG Frankfurt hatte im Juli 2020 darauf hingewiesen, dass der Bankkunde dem Darlehensvertrag entnehmen muss, wie bei einer vorzeitigen Kreditrückzahlung die Vorfälligkeitsentschädigung berechnet wird, also bedarf es einer Beschreibung der differenzierten Vorgehens-weise der Bank, welche bei der Commerzbank fehlte. Das Landgericht Konstanz verurteilte im Dezember 2020 eine Volksbank zur Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung.

Es kommt also auf den jeweiligen Darlehensvertrag an, ob die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung klar und verständlich ist. Dies gilt für alle Kreditverträge ab dem 21.03.2016.

Bei Kreditverträgen davor ist entscheidend, ob die von der Bank verwendete Widerrufsbelehrung in der Zeit vom 11.06.2010 bis 20.03.2016 den gesetzlichen Anforderungen entspricht. Ist dies nicht der Fall, weil z.B. fehlerhafte Angaben bei einer Bausparfinanzierung zu verbundenen Geschäften vorliegen oder Pflichtangaben im Vertrag fehlen, weil z.B. der Effektivzins falsch angegeben wurde, kann der Darlehensnehmer widerrufen und auch eine Vorfälligkeitsentschädigung sparen.

„Ist eine Vorfälligkeitsentschädigung überhaupt gerechtfertigt, so ist diese mitunter zu hoch berechnet, so dass diese ebenso nachgerechnet werden sollte“, so Rechtsanwalt Bergeest, der selber Banker ist.

Gerade weil seit Februar 2021 die Baugeldzinsen steigen, ist bei Finanzierungen vorausschauend vorzugehen. Dies gilt für eine Umfinanzierung und auch bei einem Forward-Darlehen, wo jetzt die Konditionen für später unter Berechnung eines Forward-Aufschlages gesichert werden. Wird dieses dann nicht abgenommen, entsteht eine -hohe- Nichtabnahmeentschädigung, die ebenfalls individuell geprüft werden sollte. Fachanwaltliche Hilfe sollte zeitig aufgesucht werden.

 

Stefan Bergeest, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, Hamburg/Seevetal
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