Chance sich vom teuren Darlehen zu lösen

Falsche Widerrufsbelehrungen bei Darlehen können dazu führen, daß Kreditverträge noch Jahre später widerrufen werden können.

„Ein Widerruf kann sich allein deshalb lohnen, da der Darlehensnehmer für alle von ihm an die Bank geleisteten Zahlungen (Zinsen, Tilgungen) eine Verzinsung erhält, die mitunter einen hohen Betrag allein insoweit ausmachen kann,“ so Fachanwalt für Bankrecht Stefan Bergeest. Außerdem fällt keine Vorfälligkeitsentschädigung an und man kann die historisch niedrigen Zinsen nutzen und viel Geld sparen.

In einem wenig beachteten Urteil des OLG Köln vom 26.03.2019 wurde entschieden, daß falsche Angaben zum Effektivzins den Widerruf rechtfertigen können. Die Bank muß dem Kunden alle Pflichtangaben nach § 492 Absatz 2 BGB ( z.B. Angabe zur Art des Darlehens, Angabe zum Nettodarlehensbetrag, Angabe zur Vertragslaufzeit) mitteilen, damit die 14-tägige Widerrufsfrist für den Darlehensvertrag zu laufen beginnt (sog. Kaskadenverweis). Hierzu zählt von Gesetzes wegen auch der Effektivzins. Das OLG Köln entschied, wenn bei einem Immobiliendarlehen der effektive Jahreszins zu niedrig angegeben ist, so sei diese fehlerhafte Angabe wie eine fehlende Pflichtangabe zu behandeln. Das bedeutet, daß die Widerrufsfrist erst zu laufen beginnt, wenn die Information ordnungsgemäß nachgeholt wurde. „Die Bank muß also den zutreffenden Effektivzins angeben; ist dieser zu niedrig, dann beginnt die Widerrufsfrist nach dem OLG Köln erst mit nachträglicher Angabe des zutreffenden Effektivzinses. Erst von da an läuft die Widerrufsfrist.“, so Rechtsanwalt Bergeest. „Eine Nachbelehrung über ein Widerrufsrecht ist extrem selten. Folge ist, daß ein Widerruf noch heute möglich sein kann, was individuell fachanwaltlich geprüft werden muß. Betroffen dürften auch Immobilienkredite ab dem 11.06.2010 bis zum 20.03.2016 sein“.

Im Fall des OLG Köln war der Effektivzins mit 3,70 % angegeben, tatsächlich belief sich dieser auf 3,76 % bis 3,77 %. „Den Effektivzins nachrechnen zu lassen, kann also für den Kunden lukrativ sein“, so Rechtsanwalt Bergeest.“

„Wir stellen zudem fest, daß die konkrete Widerrufsbelehrung in dem Darlehens-vertrag oftmals aus anderen Gründen unzutreffend ist, da z.B. die Formulierungen in Zusammenhang mit Bauspar- oder Lebensversicherungsverträgen nicht zutreffend umgesetzt wurden, Sätze oder Angaben zum Widerrufsadressaten schlicht fehlen,“ so daß ein Widerruf noch möglich sein kann, wenn der Darlehensvertrag in den widerrufbaren Zeitraum fällt.

Die Voraussetzungen und Folgen eines Widerrufs sollten fachanwaltlich einzelfallbe-zogen geprüft werden, um richtig gegenüber der Bank oder Leasinggesellschaft  vorzugehen. Dies ist komplizierter als angenommen. Eine Berechnung zeigt die Ersparnisse auf.

Stefan Bergeest, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, Bankkaufmann, Mediator in Wirtschaftssachen
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